Hintergrundinfo

Backqualität des Weizens - was zählt wirklich?

Als Maßstab für die Backqualität des Weizens werden in Deutschland der Rohproteingehalt, die Fallzahl und der Feuchtklebergehalt herangezogen. Diese Parameter werden als Anhaltspunkte für das potentielle Backvolumen angesehen. Kann der vom Landwirt angelieferte Weizen die Qualitäts-Richtwerte der Mühle (11,5 Prozent Rohprotein bzw. 24 Prozent Feuchtkleber) nicht erfüllen, wird er als für die Verarbeitung zu Brot untauglich eingestuft. Es drohen Preisabzüge, im schlechtesten Fall muss der Weizen als Futterweizen verkauft werden. Für die Landwirte besonders problematisch ist es, dass je nach Labor und Messverfahren unterschiedliche Qualitätsergebnisse zustande kommen.

Da im Ökolandbau die gewünschten Rohprotein- bzw. Klebergehalte nicht mit späten Gaben synthetischen Stickstoffs erhöht werden können, wird über andere Wege versucht, die geforderte Qualität zu erreichen. So sollte Weizen auf besonders guten Böden bzw. Standorten und in bester Fruchtfolgestellung entweder nach Kleegras oder nach Körnerleguminosen angebaut werden, um ihm möglichst viel Stickstoff zur Verfügung zu stellen. Darauf zielt auch der Anbau in der Weiten Reihe ab; dort soll mittels Mulchsaat oder Hacken mehr Stickstoff bereitgestellt oder mobilisiert werden. Um eine höhere Sicherheit bezüglich der Qualität zu erzielen, werden häufig auch Sortenmischungen aus ertragsstarken und qualitätsstarken Sorten angebaut.

Aktuelle Forschungsarbeiten haben nun gezeigt, dass drei der bisher wichtigsten Indikatoren für die Backqualität, nämlich der Rohprotein- und der Feuchtklebergehalt sowie der Sedimentationswert nach Zeleny, jeweils nur weniger als 50 Prozent des Backvolumens erklären, welches das eigentliche Qualitätsziel ist. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mehl mit den geforderten Rohprotein- und Feuchtkleberwerten oder Sedimentationswerten das erwartete Backvolumen erbringt, ist also etwa gleich groß wie die Wahrscheinlichkeit, dass das Volumen eben nicht der Erwartung entspricht. Demgegenüber ist die Aussagekraft einer in anderen Ländern gebräuchlichen Methode des Sedimentationswerts, die SDS-Sedimentation, deutlich höher (70 Prozent), da ein besser geeignetes Lösungsmittel (Sodium Dodecyl Suphate, SDS) verwendet wird. Zusätzlich zu den verbesserten, sogenannten indirekten Methoden zur Backqualitätsbestimmung wurde von Dr. Ludger Linnemann vom Forschungsring für Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise e.V. ein optimierter Backtest entwickelt: Im Unterschied zur bisherigen Backtest-Methodik wird hierbei mit einem Messkneter die optimale Teigkonsistenz und Knetdauer berücksichtigt.

Neben der ungenauen Aussagekraft der bisher für die Backqualität herangezogenen Parameter müssen auch die Anforderungen des verarbeitenden Bäckers betrachtet werden: Häufig wird für die Backerzeugnisse eine geringere Qualität benötigt, als auf Grundlage bisheriger Testmethoden angenommen wird. Für eine angepasste und damit ökologisch und ökonomisch sinnvolle Weizenqualität sollten also sowohl aktuelle Forschungsergebnisse als auch die speziellen Ansprüche des Abnehmers berücksichtigt werden.

Stand: 16.02.2011